Alpaka
Alpakas stammen ursprünglich aus Südamerika und gehören zusammen mit den Lamas zu den sogenannten Neuweltkameliden. Sie sind Schwarz, Braun, Grau, Beige, Weiss oder auf alle Arten gefleckt und werden bis zu 20 Jahre alt. Bekannt sind sie vor allem für ihre Wolle, welche im Gegensatz zur Schafwolle kein Lanolin, also Wollfett enthält. Staub und Bakterien können sich so nicht festsetzen, und die Wolle wird feiner. Nebst Merino ist Alpakawolle die wertvollste Naturwolle.
Alpakas finden zwar auch in der Schweiz immer mehr Verbreitung, sind jedoch den meisten Menschen immer noch höchstens aus dem Zoo, dem Tierpark oder vom Hörensagen flüchtig bekannt. Wir möchten mit dieser Webseite einen Beitrag leisten und Antworten auf häufige Fragen geben, Informationen vermitteln und unsere Begeisterung über diese Tiere mit Ihnen teilen.
Bestimmungen des Tierschutz
Der Schweizerische Tierschutz beschreibt einige zwingende Grundvoraussetzungen für die Haltung von Neuweltkameliden. Dazu gehören das Halten in einer Herde, Mindestflächen für Gehege und Unterkünfte, Anforderungen an Gehege, Fütterung und Pflege, aber auch das Vorhandensein eines Sachkundenachweises beim Halter. Wie so oft bei der Tierhaltung werden die Tierschutzbestimmungen als Mindestanforderungen verstanden, welche Tierfreunde gerne bereit sind zu übertreffen – zum Wohl der Tiere.
Camelidynamics
Der Umgang mit und das Training von Lamas und Alpakas steckt im Vergleich zu anderen Tierarten vielerorts noch in den Kinderschuhen. Als eine der Vorreiterinnen hat Marty McGee Bennett aus den USA das sogenannte Camelidynamics entwickelt, eine den spezifischen Bedürfnissen von Neuweltkameliden angepasste Trainings- und Handlingmethode, vergleichbar mit Parelli für Pferde oder Natural Dogmanship für Hunde.
Das Grundprinzip beruht darauf zu verstehen, dass die angeborenen Instinkte eines Fluchttieres berücksichtigt werden müssen, und nur Handlungen erfolgreich sind, welche dem Tier genügend Sicherheit vermitteln. Das Resultat ist ein Alpaka, welches Vertrauen hat zum Menschen, sich berühren lässt und ruhig bleibt – für das Alpaka-Trekking wertvolle Eigenschaften, und für den Menschen ein unvergleichliches Erlebnis.
Distanz
Alpakas werden oftmals als Distanztiere bezeichnet. Dies bedeutet, dass im natürlichen Herdeverhalten im Vergleich zu anderen Tieren keine Nähe zwischen den Tieren herrscht: Keine gegenseitige Fellpflege, kein Ablecken der Neugeborenen durch die Mutter, keine wesentliche körperliche Zuneigung. Als Resultat mögen es die allerwenigsten Tiere, angefasst zu werden, es sind keine Kuscheltiere. Sich berühren, pflegen oder gar streicheln lassen muss einem Alpaka mit viel Geduld und Training erst beigebracht werden. Haben Alpakas Vertrauen zu Menschen gefasst, lassen sie es dann, wenn auch etwas widerwillig, über sich ergehen.
Erkrankungen
Im Wesentlichen sind Alpakas robuste und genügsame Tiere. Krankheiten werden dabei so gut wie möglich versteckt, was dem natürlichen Verhalten entspricht, Raubtieren gegenüber nicht als leichte Beute zu erscheinen. Merkt man einem Alpaka den schlechten Gesundheitszustand an, ist es dann zumeist auch „Föif vor Zwölfi“.
Häufigste Ursache für Erkrankungen ist nebst Parasiten der empfindliche, dreiteilige Magen. Aufgrund dessen Anatomie treten bei falschem Futter Koliken auf, was häufig zum Tod führt. Die Gefahr wird vielfach unterschätzt, da selbst vermeintlich harmloses Futter (Brot, Obst, Pferdemüsli etc.) aufgrund der „Fremdartigkeit“ dem Verdauungsapparat der Anden-Kamelchen schwer zusetzt, entweder aufgrund der Grösse oder der Inhaltsstoffe (so bleiben beispielsweise ungekaute Fruchtstücke stecken, Brot quillt auf, Obst hat zu hohen Zuckergehalt, etc.)
Futter
Die Heimat der Alpakas und auch der Lamas sind die Anden Südamerikas. In einer Höhe von über 3000 Metern über Meer finden sie vorwiegend karge Steppenlandschaft vor, und darauf hat sich die Physiognomie eingestellt. Wie effizient die Futterverwertung ist, zeigt sich im Vergleich: Die Tagesration für eine Kuh reicht zur Ernährung von acht ausgewachsenen Lamas. Die Kleinkamelchen benötigen vor allem proteinarmes Heu (Raufutter) und Wasser. Zur Ergänzung dienen Mineralstoffe in Form von speziellen Pulvern oder Lecksteinen. Wenn ein Alpaka dann noch ab und zu frische Gräser weiden darf, ist es bereits rundum zufrieden.
Nochmals an dieser Stelle: Falsche Fütterung ist in Zentraleuropa die häufigste unnatürliche Todesursache von Lamas und Alpakas, und ist unter allen Umständen zu vermeiden. Als Belohnung und Beschäftigung dienen dem Alpaka vor allem kleine Zweige von Obstbäumen. Eine Zugabe von Leckerlis ist weder nötig noch sinnvoll, sondern gefährlich.
Grösse und Gewicht
Alpakas besitzen ein Stockmass von ungefähr 75 bis 100 cm und sind damit wesentlich kleiner als ihre Verwandten, die Lamas (100 – 120 cm). Das Gewicht beträgt typischerweise zwischen 55 und 90 Kilogramm (Lama: 100 – 250 kg). Auf dieser Weide sehen Sie eher klein gewachsene, weibliche Tiere. Die Männchen sind in der Regel grösser und kräftiger gebaut.
Huacaya und Suri
Die zwei Typen von Alpakas unterscheiden sich in erster Linie durch das Aussehen und die Verbreitung. Huacaya Alpakas sind die häufigere Form, und besitzen die als typische empfundene „Teddybären-Wolle“.
Suri Alpakas stellen schätzungsweise nur gerade etwa 10 Prozent der weltweiten Population dar. Sie verfügen über strähnenartige, gelockte Wolle die am Körper herunter hängt.
Insulin
Die Bauchspeicheldrüse des Alpakas bildet nur sehr wenig Insulin aus. Damit kann der Fruchtzucker im Futter nur sehr schwer abgebaut werden. Dies erklärt, warum zucker- und kohlehydratreiche Nahrungsmittel wie Obst schnell gefährlich werden können: Im Vormagen entsteht eine Übersäuerung, welche sich ins Blut überträgt. Dies wiederum verursacht Vormagenentzündungen, Geschwüre, Organschäden, die Schädigung der Bauchspeicheldrüse und letztlich den Tod der Tiere.
Jungtiere
Alpaka-Fohlen, Crias genannt, kommen voll ausgebildet zur Welt. Nach der Geburt wird das Jungtier im Gegensatz zu anderen Tierarten nicht von der Mutter trocken geleckt. Nach bereits 20 bis 120 Minuten stehen Alpaka-Babys bereits auf eigenen Beinen. Während der ersten 10 Lebensmonate verbleiben die Jungtiere bei ihren Müttern, wobei sie vor allem während der ersten 6 Monate von dieser gesäugt werden.
Im ersten Lebensjahr besteht verstärkt die Gefahr einer Fehlprägung: Werden Tiere zu früh und zu oft angefasst oder gar geknuddelt, verlieren sie den natürlichen Respekt vor dem Menschen. Dieser wird als Bestandteil der Herde angesehen. Was zunächst harmlos oder gar erwünscht tönt, kann vor allem bei Hengsten gefährlich werden, da diese unweigerlich mit beginnender Pubertät anfangen werden, die Autorität des Menschen zu hinterfragen und ihn in Rangkämpfe verwickeln. Eine derartige Prägung kann meist nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Junge Alpakas sind sehr energiereich und schätzen das Spiel mit ihren Artgenossen. Spielerische Rangkämpfe gehören dabei zum Lernprozess, genauso wie das Beobachten und Abgucken des Verhaltens der Muttertiere. Erfolgreiches Training von Jungtieren gelingt am besten, wenn in Gegenwart des Jungen das ältere Tier trainiert wird.
Kommunikation
Alpakas kommunizieren miteinander sowohl durch die Stimme als auch durch den Körper. In der Lautsprache verwenden sie eine Art „Summen“, ähnlich dem menschlichen „Mmmmh“. Auch ein Klickern oder gar Schreien ist möglich, dient aber vor allem dem Anzeigen durch Gefahren.
Eine weitere Art der Kommunikation besteht in der Körpersprache: Stellung von Kopf, Ohren und Schwanz verraten vieles über die Befindlichkeit. Innerhalb der Herde sind auch Schubsen, Drängeln, Spucken und Ringen mit den Hälsen Arten, wie Alpakas unter sich die Rangordnung regeln und verdeutlichen.
Lama
Das Lama ist der nächste Verwandte des Alpakas. Gleichwohl aus Südamerika stammend gehört es ebenso zu den Neuweltkameliden. Das Lama ist jedoch deutlich grösser, hat meist kürzere Wolle, und statt der Speerspitzenförmigen Ohren des Alpaka eher nach innen gekrümmte, Bananenförmige Ohren. Während den Ureinwohnern das Alpaka primär als Woll- und Fleischlieferant diente, wurden und werden Lamas als Transportmittel kultiviert. Über die Jahrhunderte haben Lamas so meist mehr Folgsamkeit gegenüber dem Menschen entwickelt und sind allgemein die gefügigere, weniger wilde Art. Durch die Haltung bei den Menschen im Tal sind Lamas weniger an die Höhe gewohnt, und müssen immer wieder in tiefere Lagen gebracht werden. Alpakas, welche in Südamerika in teils riesigen Herden stets in grosser Höhe leben, sind hingegen die dünne Lüft weit über 3000 Meter und schwierige Wetterbedingungen gewohnt.
Magen
Alpakas sind Wiederkäuer, jedoch keine echten Wiederkäuer. Diese etwas seltsame Definition leitet sich aus der Form des Magens und der Art des Fressens ab: Während echte Wiederkäuer mehrere voneinander getrennte Mägen haben, verfügt das Alpaka über einen einzigen Magen, welcher drei unterschiedliche „Bereiche“ hat. Der erste und grösste Teil des Magens beinhaltet grob vorgekaute Speisen. Nebst der Funktion als „Vorratskammer“ arbeiten hier eine Vielzahl von Bakterien, Einzellern und Pilzen an der korrekten Vorverdauung des Futters. Das Futter wird dabei immer wieder zurück ins Maul befördert und wiedergekaut, sozusagen als „Umwälzung“. Erst nach einer ganzen Weile, bis zu 63 Stunden, wird der dadurch entstandene Brei weiter in das zweite und abschliessend dritte Magenabteil geführt, wo andere Bestandteile aufgespalten und verwertet werden. Alles in allem sind die Prozesse im Alpakamagen komplex und erfordern ein diffiziles Gleichgewicht von Bakterien, PH-Wert, Enzyme und Keime. Durch die langen Verdauungsprozesse ist das Alpaka im Vergleich zu anderen Weidetieren jedoch sehr „effizient“ und kann sehr viele Bestandteile des Futters verwerten, und damit auch auf kargen Weiden problemlos zurecht kommen.
Nachwuchs
Alpakas sind grundsätzlich ganzjährig deckbereit. Sie sind mit etwa einem Jahr geschlechtsreif, die Schwangerschaft dauert rund elfeinhalb Monate. Danach sind sie mehr oder weniger sofort wieder deckbereit. Werden Stuten zusammen mit einem Hengst gehalten, sind sie somit mehr oder weniger dauerträchtig, was jedoch stark an den Kräften der Muttertiere zehrt. Sind sie bereits trächtig, signalisieren sie dies dem Hengst durch Anspucken.
Ordnung
Das Alpaka gehört zoologisch zu der Ordnung der Paarhufer, Unterordnung Schwielensohler, der Familie der Kamele und darunter der Gattung der Vikunjas. Mit der Gattung der Altweltkameliden Trampeltier („Kamel“) und Dromedar teilen sie gemeinsame Vorfahren.
Population
Gemäss Schätzungen existieren derzeit insgesamt zwischen 3.5 und 4.1 Millionen Alpakas. Davon leben ungefähr 87 Prozent in der Andenregion auf über 3000 Meter über Meer, vornehmlich in Peru. Weitere geschätzte 10 Prozent leben in Bolivien, mit Chile und Argentinien als dritt- und viertgrösste Populationen. Aus diesen Regionen stammen auch die grössten Wollproduktionen. Produkte aus einheimischer Alpakawolle sind vornehmlich eine Randerscheinung, da allgemein die Produktion und Weiterverarbeitung in Europa nicht wirtschaftlich ist.
Was die qualitative Zucht anbelangt, sind mittlerweile die USA, Australien, Neuseeland und England führend. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz werden die Kleinkamelchen immer beliebter, und es haben sich eigene Verbände und Vereine ausgebildet, welche sich mit der Haltung, Zucht und Nutzung von Kleinkamelen beschäftigen.
Rangordnung
Alpakaherden verfügen immer über klare Rangordnungen. Diese wird durch Rangkämpfe bestimmt, welche von harmlos (Ringen mit Hals und Kopf, Spucken) bis brutal (Einsatz von Hengstzähnen) ausfallen können. Die Rangordnung bestimmt das Zusammenleben: Wer frisst zuerst und wer zuletzt, wer liegt wo, wer schiebt Wache, und so weiter. Für das Trekking kann dies durchaus heissen, dass die gesamte Gruppe nur schleppend vorwärts kommt, wenn die richtige Reihenfolge der Tiere nicht berücksichtigt wird.
Die Rangordnung wird periodisch immer wieder neu getestet und verschoben. Aus diesem Grund ist es oft einfacher, drei und mehr Tiere zu halten als nur zwei, da sich ansonsten immer wieder dieselben zwei Tiere „streiten“ würden.
Spucken
Vorweg: Ja, Alpakas „spucken“. Genauer gesagt handelt es sich meist um gekautes und vorverdautes Futter und Magensaft, welche dem „Gegner“ ins Gesicht gespuckt werden. Manchmal kann es einfach auch mal das sein, was gerade im Mund steckt und eigentlich gerade gegessen werden wollte.
Der Mensch wird unter normalen Umständen nicht angespuckt, es sei denn er befindet sich in der Luftlinie zweier streitenden Tiere, vergreift sich am Jungtier einer Mutter oder versucht Futter an zwei konkurrierende Tiere zu verteilen. Also keine Angst, hinter dem Zaun sind Sie sicher!
Alpakas spucken, um innerhalb der Herde die Rangordnung festzulegen, andere Tiere in die Schranken zu weisen, um Unmut auszudrücken oder um sich zu verteidigen. Die Methode ist dabei denkbar einfach: Mageninhalt riecht übel, der Gegner wird geschmäht oder durch den Gestank vertrieben. Alpakas können den Duft ihrer eigenen Spucke ebenfalls nicht ausstehen: Nach einer „Spuck-Attacke“ werden sowohl Spucker wie Bespuckter mit offenen Mäulern dastehen, um nicht durch die Nase atmen zu müssen.
Training
Alpakas sind neugierig und extrem intelligent. Sie lernen schnell und gerne, was ein grosser Vorteil ist. Denn Alpakas können zu Beginn eigentlich nichts ausser Fressen und Fliehen. Gerade wenn ein Alpaka fürs Trekking eingesetzt werden soll, muss es vieles erst lernen: Halfter und Leine tragen, Verkehr umgehen, Treppen steigen, dem Verhalten anderer Tiere begegnen, Taschen auf dem Rücken tragen, Warten, rückwärts gehen, und auch das Vertrauen zum Menschen selbst. Auch für die notwendige Pflege wie Klauen schneiden oder Scheren ist es unumgänglich, dass ein Tier lernen muss möglichst stressfrei mit diesen Situationen klar zu kommen. Es wird jedoch klar unterschieden zwischen Training und Handling: Beim Training lernt das Tier etwas Neues, was es können soll und auch dem Tier Spass bereitet. Wiederholung ist hier wie bei jedem Lernvorgang angebracht. Handling bezieht sich auf die täglichen Handgriffe der Pflege und der tiermedizinischen Versorgung: Dieses muss das Tier kennen und aushalten können, im Gegensatz zum Training wird hier aber Wiederholung nicht dazu führen, auch dem Tier Spass zu bereiten und ist daher auf das Nötigste zu beschränken.
Vorteilhaft ist, dass die meisten Alpakas nach einer oder zwei positiven Erfahrungen bereits gelernt haben, und auch Spass daran zeigen Neuem zu begegnen. Für den Halter bedeutet dies viel Freude, da Erfolge schnell sichtbar sind und Anreiz geben, weitere Zeit in das Training zu investieren.
Die Trainingsmethode richtet sich bestenfalls am natürlichen Verhalten eines Fluchttieres: Zwang und Druck erzeugen Angst und Gegendruck, während die Wahrung eines „Auswegs“ und das Schaffen von Vertrauen zum Erfolg führt.
Umgang
Der Umgang mit Alpakas ist eigentlich recht einfach, wenn man vier entscheidende Grundbedingungen mitbringt:
Grundwissen: Die Anforderungen und das Wissen um Verhalten und spezifische Eigenschaften sind wie bei jeder Tierart die Voraussetzung für den erfolgreichen Umgang mit dem Tier. Welche sind die natürlichen Verhaltensweisen und welchem Zweck dienen sie im Ursprung? Welche Bedürfnisse hat das Tier um gesund zu bleiben und sich wohl zu fühlen? Wo liegen die Grenzen der Fähigkeiten? Das Wissen um diese Dinge verhindert, Tier und Halter zu überfordern.
Beobachtungsvermögen: Ein Alpaka zeigt sehr deutlich, ob es Angst hat. Diffiziler ist es zu erkennen, ob ein Tier Spass hat, ob es Hunger hat, krank ist, mal für kleine Jungs muss oder unter Stress leidet. Ein Tier in Gefangenschaft passt sich je nach Charakter an und „schaltet ab“, was zu Erkrankungen oder Spätfolgen führen kann. Bei Jungtieren werden eigentlich aggressive Signale vom Menschen oft auch als Schmusereien missverstanden. Es braucht darum genaue Beobachtung, um die Stimmungslage von Alpakas zu verstehen.
Einfühlungsvermögen: Das Wissen und die Beobachtung müssen angewendet werden, um zu verstehen warum ein Alpaka tut, was es eben tut, oder warum es nicht tun will, was der Mensch von ihm verlangt. Ist der Mensch in der Lage, sich in die Situation des Tieres mit dessen Wahrnehmung der Wirklichkeit hineinzugeben, finden sich geeignete Methoden um in der Sprache der Alpakas sinnvoll mit ihm zu kommunizieren.
Wissen um die Eigenwirkung: Alpakas sind aufmerksame Beobachter. Sie interpretieren den Menschen sehr genau und verhalten sich entsprechend. Ein Alpaka kennt beispielsweise sehr genau den Unterschied zwischen Vorderseite und Rückseite einer Hand, und kennt die unterschiedlichen Möglichkeiten des Menschen, zu agieren. Dabei bedeutet eine Handrückseite keine Gefahr, während die Handfläche Gefahr bietet, beispielsweise gehalten zu werden. Für den Alpakahalter ist es also wichtig, sich seiner Wirkung bewusst zu sein, um dem Tier mittels Körpersprache zu vermitteln, was er auch beabsichtigt.
Verwendung
Die traditionelle Verwendung von Alpakas in ihren Herkunftsländern liegt in der Wollgewinnung und der Schlachtung. Beides spielt in unseren Breitengraden eine untergeordnete Rolle, da die Wollproduktion im Vergleich zu teuer und Alpakafleisch höchstens eine Randerscheinung in der Delikatessenwelt ist.
Die Verwendung von Alpakas in Europa gliedert sich demnach vor allem in folgende Anwendungen:
- Die professionelle Zucht und den Verkauf der Tiere
- Die Haltung als reines Hobby
- Begleitete Wandertouren (Trekking), wobei das Alpaka beim Tragen leichten Gepäckes unterstützt
- Verwendung in der tiergestützten Intervention: Die Eigenschaften des natürlichen Fluchtinstinktes, zusammen mit der ruhigen Art der Tiere und dem Prinzip „Druck erzeugt Gegendruck“ macht Alpakas zum idealen Begleiter für Therapie, aber auch Fortbildung in Führungsarbeit
- Herdenschutz: Alpakas und Lamas besitzen eine für unsere Breitengrade ungewöhnliche Eigenschaft für Fluchttiere: Nähert sich eine potentielle Bedrohung, warnt ein Beobachtertier die Herde. Diese zieht sich zusammen, die Tiere machen sich so gross wie möglich und gehen geschlossen auf die Bedrohung zu. Für Jäger wie Wölfe entspricht dies nicht dem natürlichen Verhalten von Beute. Sie werden unsicher und verziehen sich (zu Recht übrigens: Eine grosse Herde Lamas oder Alpakas lässt einem einzelnen Wolf keine Chance). Dieses Verhalten kann auch gegenüber Hunden beobachtet werden. Heute werden vielerorts Beobachtertiere, meist Lamas, in Schafherden eingesetzt und haben sich in Versuchen und Projekten beispielsweise im Bünderland als zuverlässige Wachtiere bewiesen.
- Weidepflege: Im Gegensatz zu Huftieren wie Kühe, Pferde oder Ziegen haben Alpakas keine harten Sohlen, sondern sogenannte „Schwielen“. Mit diesen weichen Füssen verursachen sie keine Trittschäden auf Weiden und Wiesen. Beim Grasen fressen Alpakas die Gräser ab und reissen diese nicht wie andere Tiere mitsamt den Wurzeln aus dem Boden. Dabei sind sie erst noch gründlich und fressen auch Gräser, welche von anderen Tierarten oftmals stehen gelassen werden da sie für diese zu wenig nährreich sind. Aus diesen Gründen werden Alpakas oftmals auch zur Weidepflege auf Pferdekoppeln oder Kuhweiden eingesetzt.
Wandern
Wandern und Trekking mit Alpakas ist unter den richtigen Voraussetzungen ein grosser Spass für Mensch und Tier. Ist ein Alpaka richtig trainiert, macht es ihm Freude neue Umgebungen zu entdecken und etwas Spannendes zu erleben. Bereits die Hinfahrt zu einem etwas weiter entfernten Ort macht einigen Alpakas grosses Vergnügen, wundern Sie sich nicht wenn Sie ein Alpaka aus den Fenstern eines vorbeifahrenden Lieferwagens begafft. Für den Menschen bietet die ruhige und ausgeglichene Art des Alpakas eine ideale Ergänzung zur Entspannung und zum Abschalten vom Alltag. Wie bei jedem Tier macht es dem Halter dabei viel Freude, unterschiedliche Charakterzüge und Eigenschaften seiner Tiere zu entdecken.
Die Alpakas sind beim Wandern unkompliziert und angenehm: Mitfahren können sie im Viehanhänger oder direkt im Laderaum eines Lieferwagens. Sie legen sich während der Fahrt meist hin, und dürfen auch von Rechts wegen nicht angebunden werden. Sie halten das Transportmittel frei von Verunreinigungen, und wenn sie später unterwegs mal „müssen“, tun sie dies gleich alle zusammen und erleichtern so das Aufsammeln in Robidog-Säckchen. Sie kommen längere Strecken ohne Futter und Wasser aus, und geben sich dann mit ein wenig Frischwasser aus einem Bach oder Brunnen sowie ein wenig Knabbern von einer Wiese zufrieden. Sind sie ausreichend trainiert, tragen sie für den Menschen auch noch Regenjacke, Verpflegung und den Gipfelwein, ohne sich zu beklagen. Neuweltkamelchen sind zudem sehr trittsicher, und erklimmen mühelos auch steile Wege, Treppen, und gehen über schmale Pfade. Ein einzelnes Tier kann eigentlich nicht abhanden kommen: Auch wenn die Leine mal losgelassen wird, entfernt sich ein Alpaka nicht von seiner Herde.
Zucht
Aufgrund der intensiven Nutzung als Wolllieferanten wurden in den vergangenen Jahrhunderten vielfach vor allem weisse Tiere zur Zucht eingesetzt. Der dadurch reduzierte Genpool hat vielfach zu Gendefekten geführt. Blaue Augen in Verbindung mit Fehlstellung der Beine, Gelenkproblemen oder Taubheit können Resultate dessen sein. Aus diesen Gründen wird in der heutigen Zucht vor allem auf die Qualität der Elterntiere geachtet, um Inzucht und Vererbung dieser Eigenschaften zu vermeiden. Zur Beurteilung der Qualität werden heute sogenannte lineare Beschreibungen herangezogen wonach der Körperbau und die Wollqualität geprüft werden. In der Schweiz gibt es seit einigen Jahren auch ein zentrales Herdebuch, welches über den Stammbaum einzelner Tiere Auskunft gibt. Die Eintragung wie auch die Markierung der Tiere mittels Identifikation-Chip ist jedoch nach heutigem Rechtsstand freiwillig.